"Astro Bot" ist nicht nur eines der großartigsten Jump'n'Runs der letzten Jahre – vor allem schafft es etwas, das bisher nur Nintendo gelungen ist: dem eigenen Marken- und Konsolen-Kosmos Zusammenhang zu geben und ihn mit Bedeutung aufzuladen, ohne dabei wie ein aufdringliches Werbe-Spiel zu wirken. Aber wie geht das?
KOLUMNE • "Astro Bot" spielt sich nahezu makellos, es sieht fantastisch aus, ist in fast jeder nur erdenklichen Hinsicht grandios inszeniert und sprüht nur so vor schräger bis
knuffiger Ideen – aber WIRKLICH BEMERKENSWERT finde ich Team Asobis PS5-Jump'n'Run aus zwei ganz anderen Gründen:
1. Es FÜHLT sich einfach großartig an: Damit meine ich nicht in erster Linie die locker-leichte Steuerung und die vielen, vielen vorbildlich gesetzten Gameplay-Akzente – ich meine damit vor
allem, wie sich die Welt von "Astro Bot" ANfühlt: Laufe ich über einen Ballon, dann fühlt sich das Ding auch wirklich wie ein verdammter Ballon an! Weil es auf genau die Weise nachgibt, die ich
erwarte, weil Bewegung und Steuerung meiner Figur entsprechend reagieren – und ich auf einmal zumindest zu glauben weiß, wie das ist … hunderte Meter über dem Boden auf einem Heißluftballon
rumzulaufen! Oder wie es sich anfühlt, winzig klein durch eine Maschine und durchs hohe Gras zu wetzen. Über einen riesigen Roboter-Baum zu spazieren, während der Wind das Herbstlaub um mich
herum wirbelt. Weil sich hier selbst Wasser endlich mal wie Wasser anfühlt – oder zumindest wie ein digitales Pendant davon, das so sprudelt, gurgelt und wabert, dass ich es im Kontext dieser
Welt für glaubwürdig halte. Kurzum: Es wird ein eigenes kleines Universum erschaffen – und für ein paar Stunden habe ich den Eindruck, wirklich ein Teil davon zu sein. Ich sehe es nicht nur – ich
FÜHLE es! Genau DAS ist es, was ich mir von einer Generation PS5 erhofft habe – und jetzt, etwa vier Jahre nach Veröffentlichung der Kiste, kriege ich es endlich!
2. Wenn wir Journos darüber schwadronieren, wie großartig-geil-grandios (Ihr wisst schon – "g-g-g") wir Mario finden, dann meinen wir oft nicht nur die vielen, vielen fantastischen Details, die
so ein Klempner-Abenteuer ausmachen – sonder vor allem, wie makellos sie ineinander zu passen scheinen. Wie ein perfekt komponiertes und gesägtes Puzzle, das aus vielen, vielen, bereits für sich
alleine wunderschönen Einzelteilen besteht, die aber alle perfekt zueinander passen und in ihrer Gesamtheit so etwas wie eine Epiphanie des großen Spielspaß-Geistes ergeben. Aber noch viel
wichtiger als die einzelnen Puzzle-Teile ist vielleicht der Leim, der sie alle miteinander verbindet – und das sind unsere Erinnerungen. Und die triggert Nintendo so gut wie kein anderer
Hersteller oder Entwickler – weil man dort ganz genau versteht, was die eigenen Spiele und ihre jeweilige Erfolgsformel wirklich ausmacht. Man begreift die eigene DNA – und weiß, wie man Spuren
davon so geschickt über die neuen Produkte versprüht, dass sich die Fans sofort heimisch fühlen. Ganz gleich, aus welcher "Mario"-Generation sie selber kommen.
Bei "Astro Bot" hat Sony zum allerersten Mal etwas ganz Ähnliches hinbekommen: Die Reise der kleinen Roboter ist ein Sammelsurium aus geschickt gesetzten Reminiszenzen, die aus bisher losen
Versatzstücken ein großes Ganzes formen, das sich nicht nur launig, sondern auch logisch anfühlt. Indem man ihm etwas gibt, was vorher noch nicht da war: eine gemeinsame, alle Helden und ihre
Hardware miteinander verbindende Erzählung. Auf einmal macht der PlayStation-Kosmos in seiner Gesamtheit … naja … irgendwie Sinn?
Bis auf den Mist, den Sony in letzter Zeit verzapft hat. Der fühlt sich natürlich alles andere als sinnvoll oder sinnig an. Also "Astro Bot" selber mal ausgenommen. Darum mein Wunsch: Weniger
Bullshit, aber dafür MEHR ASTRO BOT! Oder zumindest Spiele wie "Astro Bot". Dafür kauft man sich eine PS5. Oder PS5 Pro. Vielleicht sogar für 800 Euro – wenn es denn sein muss. Aber für "Concord"
kauft sich niemand eine PS5. Nicht mal für 400 Euro. (Robert Bannert)