Monsterjagd für Profis, denen "Pokémon" zu langweilig geworden ist: "Nexomon" von VEWO fängt da an, wo der Klassiker aufhört. Wir haben das ehemalige Mobile-Game unter die Lupe genommen und sind auf die Digi-Pirsch gegangen.
KRITIK • PC • Spätestens seit "Yo-Kai Watch" gehört das Genre für fangbare Monster nicht mehr nur Game Freak – Entwickler PQube Games brachte bereits im August 2017 mit "Nexomon" einen anderen Konkurrenten auf den Markt. Der lief zwar leider nur auf dem Smartphone, ist aber nicht minder knuffig als die die großen Vorbildern, ebenfalls mit reichlich possierlichen Weggefährten angereichert und inzwischen auch für den heimischen Steam-PC zu haben. "Nexotraps" statt Pokéball, "Tamer" statt Trainer und Quests anstelle von blindem Umherlaufen auf der Suche nach der nächsten Arena. Warum auch "Pokémon"-verstrahlte Genre-Liebhaber in "Nexomon" ein neues Heim finden könnten, zeigen nicht zuletzt die über 300 Kreaturen, die wir mithilfe von „Nexotraps“ und magischen Attacken gut gelaunt dingfest machen.
Rannte man bei "Pokémon" in Endlosschleife von einer Arena zur nächsten und kloppte nebenher noch ein paar Schergen von Team XY zu Brei, war man nicht selten nach der gehypten Liga
desillusioniert. Was blieb einem nun übrig – außer weiterhin die gefangenen Monsterlein zu trainieren? Nicht umsonst haben inzwischen viele einstige Genre-Veteranen ihren Pokéball
gelangweilt an den Nagel gehängt. Offenbar ist genau diese Klientel der enttäuschten Ex-Jäger die Haupt-Zielgruppe von "Nexomon"-Entwickler VEWO: Mit seiner eigenen – auch optisch
überdeutlich von den Klassikern der Nintendo-Reihe inspirierten – Marke möchte das kanadische Indie-Studio die ehemaligen Häscher zurück in die Arena holen.
Wie man das schaffen will? Unter anderem mit vielen sympathischen Kreaturen, die zum Genre-typischen Stufen-Training einladen – und einem liebevoll-knuffigen Grafikstil natürlich, der
frappierend an "Pokémon Rot" bzw. "Blau" erinnert … als die Welt der Monsterjäger noch in Ordnung war. Selbst Spielabschnitte im Look eines alten Game-Boy-Spiels stehen auf dem Reiseplan des
Nexomon-Trainers. Ebenfalls mit dabei: Jede Menge launige Nebenaufgaben, die uns nicht selten in unerforschte Gebiete voller neuer Kreaturen entführen. Und natürlich in das Reich des "Nexo-Lord"
– eines durchgeknallten Möchtegern-Herrschers, der Mensch und Monster gleichermaßen in die 2D-Knie zwingen will.
Bei all dem gibt sich "Nexomon" überraschend knackig: Um ein Monsterlein dingfest zu machen, sollte man nur noch wenig Lebensenergie übrig haben – außerdem geraten die klassisch aufgezogenen
Rundenkämpfe schnell zur Ressourcen-Schlacht. Und was wäre ein Monster-Fangespiel ohne besonders muskulöse, legendäre Kreaturen? Die fallen – abgesehen von ihrer schieren Farbenpracht
– vor allem durch ihr extravagantes Design und natürlich ihre stattlichen Werte auf.
Wer sich allerdings die Mühe macht, seltene oder legendäre Nexomon (z.B. mithilfe von Informationen oder im Laufe spezieller Quests) zu finden und zu bezwingen, der wird für die (nicht selten
extrem Zeit-raubenden) Bemühungen reich belohnt – und zwar mit besonders starken Verbündeten. Vergleichsweise einfach fällt uns da die Hatz auf die regulären, häufig anzutreffenden Wald- und
Wiesen-Kreaturen – sozusagen die "Zubat" des "Nexomon"-Reichs!
"Nexomon" ist nicht nur erzählerisch frischer und runder als sein Vorbild. Auch grafisch hat die "Pokémon"-Hommage einiges zu
bieten: Zustandsveränderungen wie Vergiftung werden visuell dargestellt, alle Kampf-Aktionen sind hübsch animiert und das Bedienfeld angenehm übersichtlich gestaltet.
Der knackige Schwierigkeitsgrad indes ist für Genre-Einsteiger kaum geeignet – hier gilt das Recht des Stärkeren und ist taktisches Fingerspitzengefühl gefragt. Ergo: Neulinge sollten sich lieber an das Original halten – für den Anfang. Profis auf der Suche nach einer neuen Herausforderung dagegen sind hier genau richtig und freuen sich obendrein über eine erfreulich erwachsene Story. So erwachsen und spannend, dass wir uns noch in den kommenden Wochen den außerdem für Konsole erhältlichen Nachfolger "Nexomon Extinction" ansehen werden. (Lili Schmirgal)
Note: 8.0 (GUT)
WERTUNGEN: 1.0, 1.5, 2.0 = ungenügend • 2.5, 3.0, 3.5 = mangelhaft • 4.0, 4.5, 5.0 = ausreichend • 5.5, 6.0, 6.5 = befriedigend • 7.0, 7.5, 8.0 = gut • 8.5, 9.0, 9.5 = sehr gut • 10 = bahnbrechend