Unterwasser-Therapie für Retronauten: SpongeBob – Battle for Bikini Bottom (Rehydrated)


 

SpongeBob wird vom Schwamm- und Schwatzkopf zum Springinsfeld: Im "Rehydrated"-Remake des 2003er-Jump'n'Runs "Battle for Bikini Bottom" sollen der Meeresbewohner und seine verrückten Freunde Planktons Roboter-Armee verschrotten.

 

KRITIK • PS4, Xbox, Switch, PC • Wer an "SpongeBob Schwammkopf" denkt, der denkt an schwatzende Schwämme, grenzdebile Seesterne, grummelige Kraken, geizige Krabben und natürlich Feuer, das unter Wasser lodert. Ach ja – und Wasser unter Wasser. Denn: Auch schwatzende Schwämme, grenzdebile Seesterne, grummelige Kraken und geizige Krabben wollen im Sommer an den Strand. Oder sich duschen. Und Nudeln kochen.

Mit der Serie um einen dauer-palavernden, naiven Nerd-Schwamm (in ner Ananas ganz tief im Meer – oder hinter der Futter-Ausgabe der "Krossen Krabbe")  hat der vor zwei Jahren verstorbene Cartoonist und Meeresbiologe Stephen Hillenburg einen zeitlosen Klassiker geschaffen, der sich nahtlos hinter Comic- bzw. Cartoon-Erfolgen wie dem Barks'schen Entenhausen-Kosmos, Peyos Schlümpfen oder der "Familie Feuerstein" einreiht. Inzwischen hat Nickleodeon das Erfolgskonzept der einst phänomenal erfolgreichen Serie zwar bis zur Unkenntlichkeit entstellt, aber gerade die frühen, noch unter Hillenburg enstandenen Staffeln der mittlerweile zwölf Seasons umfassenden Serie genießen bis heute Kult-Status.

Aus dieser Glanzzeit der durchgeknallten Seegurken-Bande aus Bikini Bottom stammt auch das PS2-Jump'n'Run "Battle for Bikini Bottom", dem Remake-Spezialist THQ Nordic jetzt ein (zumindest halbwegs) zeitgemäßes Makeover spezialisiert: Der mit "Rehydrated" untertitelte neue alte Kampf um die ozeanische Heimat der (größtenteils) gut gelaunten Chaos-Truppe gilt als einer der besseren Lizenz-Portierungen seiner Zeit und steht bei Schwammkopf-Fans hoch im Kurs. Allerdings haben Jump'n'Runs anno 2003 teils dramatisch anders funktioniert als heute – stellt sich also die Frage, ob der aufgehübschte Oldtimer den Ausflug auch dann noch wert ist, wenn man die Seestern-rote Fan-Brille absetzt.

 



 

Typisch für diese Gaming-Ära bietet der "Kampf um Bikini Bottom" weder die Bewegungsfreiheit eines Open-World-Games noch die Geradlinigkeit eines klassischen Horizontal-Scrollers – letztere sind erst seit Anbruch der Indie- und Retro-Welle wieder in. Stattdessen gibt es – für ein Jump'n'Run Anfang der 200er-Jahre ebenfalls keine Seltenheit – strikt instanzierte Spielgebiete. Der britische Ausnahme-Entwickler Rare (damals noch auf Nintendo-Seite) hatte Mitte und Ende der 90er vorgemacht, wie es geht – und wenige Jahre später gehörten die kalifornischen "Heavy Iron"-Studios zu den Entwicklern, die sich dankbar bei der etablierten Rezeptur bedienten. Im Fall von "SpongeBob" sind es aus der Vorlage bekannte Szenarien wie der Strand von Bikini-Bottom, die Quallenfelder oder die fischige Metropole selber, die der Spieler mit Hupf- und Angriffs-Manövern erkundet, während er immer neue Wegstrecken entdeckt und sie anschließend über Abkürzungen oder Teleporter-Kartons miteinander verknüpft.

Die Fähigkeiten der an Bushaltestellen austauschbaren Figuren sind zwar überschaubar, passen aber zum jeweiligen Charakter: Während der moppelige Seestern-Patrick die Amok-gelaufenen Ex-Roboter-Schergen von Mini-Fiesling Plankton mit einem Bauch-Stoß erledigt oder Melonen schleudert, lässt der weniger wuchtige SpongeBob das Seifenblasen-Instrument kreisen und zerdeppert mit einem besonders hohen, kraftvollen Hopser schwebende Tiki-Figuren. Power-Eichhörnchen Sandy wiederum schwingt so schnell ihr Lasso, dass sie es als Rotor entfremden und damit über Abgründe schweben darf.

 



 

Für die Anpassung an aktuelle Hardware hat der neue Entwickler Purple Lamp dem Unterwasser-Nest Bikini Bottom eine technische Generalüberholung verpasst. Dafür hat man die Original-Levels zwar fast eins zu eins nachgebaut, aber anstelle rudimentärer Comic-Architektur gibt es nun Vorlagen-getreue Gebäude und flauschiges (See-)Gras in den teils ausschweifenden Hupf-Levels zu sehen. Besser inszeniert als die Steilvorlage von der 2003 ist der Titel aber nur bedingt: Nach wie vor sind Mimik und Dialoge des Abenteuers eher fremdschämig als knuffig oder humorig, außerdem hat man es nicht geschafft, alle deutschen Sprecher der kultigen ersten TV-Staffeln zu verpfllichten. An dieser Stelle bleibt der "Kampf um Bikini Button" weit hinter der Fernseh-Voralge zurück. Auch die technischen und Design-seitigen Probleme des 2003er-Spiels hat "Rehydrated" geerbt: Wer an der falschen Stelle einen Sprung versiebt, wird oft ärgerlich weit zurückgeworfen, landet außerhalb der geplanten Level-Architektur oder manövriert sich so fies in eine Sackgasse, dass er nur durch gezielten Helden-Suizid wieder raus kommt. Waren sich die Entwickler der kritischen Stelle bewusst, wird er von der aus der Serie bekannten Realfilm-Hand geschnappt und zurück auf Kurs gesetzt – immerhin.

Dennoch: SpongeBob-Vernarrte bekommen ein sympathisches und größtenteils funktionelles Jump'n'Run serviert, das mit einigen cleveren Level-Designs und -Puzzles herausfordert. Die Chance, das bei Fans beliebte Original zu verbessern und – abgesehen von den kosmetischen Anpassungen – auch spielerisch zu aktualisieren, hat man aber leider verpasst.

 

Note: 7.0 (GUT)

 

 


WERTUNGEN: 1.0, 1.5, 2.0 = ungenügend • 2.5, 3.0, 3.5 = mangelhaft • 4.0, 4.5, 5.0 = ausreichend • 5.5, 6.0, 6.5 = befriedigend • 7.0, 7.5, 8.0 = gut • 8.5, 9.0, 9.5 = sehr gut • 10 = bahnbrechend


 

 

Persönliche Meinung (Robert Bannert):

 

SpongeBob muss "nur" 20 Minuten lang heulen, wenn er sich beim Bewässern seines Kräutergartens den Zehennagel stößt. So lange muss ich definitiv nicht flennen, wenn ich das "Rehydrated"-Remake von "SpongeBob: Battle for Bikini Bottom" zocke – denn im Grunde ist das (immer noch) ein propperes Gehupfe. Aber leider ist es auch oft genug ein ganz schön taubes Nüsschen: Die Charaktere sind in den Dialog-Sequenzen unverändert mittelmäßig getroffen (das gilt für das Gesagte – und dafür, wie es gesagt wird), das Level-Design führt uns bei einigen Unglücksfällen in Beinahe-Sackgassen (dann hilft nur noch der Selbstmord) und allgemein werde ich das Gefühl nicht los, dass ein halbes Jahr mehr in der Entwickler-Ananas dem Titel gut getan hätte. Hier und da wäre es besser gewesen, kein Höhlenmensch zu sein, sondern die zur Verfügung stehende Technologie zu nutzen. Man war ja schließlich auf der Uni.

 

Aber wie wir aus der Serie wissen: Auch wenn man ein bisschen hässlich ist, kann man noch immer stolz sein – und nicht jede elfminütige Sequenz unseres digitalen Daseins wird hier notwendigerweise zum Akt der Verzweiflung. Der "Kampf um Bikini Bottom" hält noch immer genug krosse Zutaten bereit, um nicht nur Fans der Vorlage, sondern auch Freunde alter (grob nach Rare-Rezeptur gestrickter) 3D-Jump'n'Runs bei Laune zu halten, denen es noch nicht die Rückengräte rausgefetzt hat.

 

Das Ablecken von Spiele-Boxen mag auf anderen Planeten illegal sein, aber die hier schlabbern wir gerne noch ein bisschen weiter ab – vor allem aus Vorlagen-Verkultung natürlich. Denn die Umsetzung ist zu keinem Zeitpunkt so labberig geraten, dass sie wie gekochtes Gemüse aussieht. In diesem Sinne: Ein Hoch auf die magische Miesmuschel!