Leider keine VR-Punktlandung für "Marvel's Iron Man"


 

Wer schon immer wissen wollte, wie es sich anfühlt in Tony Starks Superhelden-Montur über Großstädte zu preschen und dabei allerlei Superschurken zu bekämpfen, könnte in "Iron Man VR" für PlayStation VR die Chance bekommen. Dafür verlangt das Spiel dem VR-Bruchpiloten aber viel Arbeit und noch mehr Geduld ab.

KRITIK • PS4/PSVR • Fans von Marvels "Cinematic Universe" und eifrige Comic-Leser wissen natürlich, dass im fliegenden Superhelden-Blecheimer "Iron Man" der Großindustrielle Tony Stark steckt: Der einstige Lebemann und Waffen-Hersteller hat sich nach einem einschneidenden Erlebnis dafür entschieden, die lukrative Herstellung von Mordwerkzeugen an den Nagel zu hängen und seine futuristische Ingenieurs-Kunst stattdessen in den Dienst der Menschheit zu stellen. Seitdem ist das einzige Waffen-Arsenal, in das Stark noch investiert, das seiner fliegenden Superhelden-Rüstung. An Bord der Power-Armor prescht Stark mit Überschall-Geschwindigkeit über das Firmament, beharkt seine Widersacher mit druckvollen Energie-Stößen und feuert ein ganzes Arsenal anderer, oft selbst-lenkender oder ferngesteuerter Projektile ab.

Dass der Umgang mit dem machtvollen Instrument aber längst nicht so leicht ist, wie es in den Filmen aussieht, das erfahren PS4-Spieler im PlayStation-VR-exlusiven Bildschirm-Abenteuer auf die harte Tour: Um eine mysteriöse Hackerin zu aufzuspüren, die sein eigenes und das Leben seiner Freundin Pepper bedroht, erlernt der Spieler zuerst in umfangreichen Tutorials, wie er das stählerne Ungetüm bedient. Dafür setzt "Marvel's Iron Man" auf die beiden Motion-Control-Stäbe, um je eine von zwei Schubdüsen in den Handflächen der Power-Armor zu bedienen: Je nachdem, wie man mithilfe der Controller die Hände der Rüstung ausrichtet und ob man dabei Schubdüsen, Waffen oder automatischen Schwebe-Modus aktiviert, düst der Roboter-Mann in eine andere Richtung oder aktiviert verschiedene Vernichtungswerkzeuge.

In manchen Spiel-Sequenzen ist eine präzise Steuerung der Rüstung zum Glück unerheblich, weil das "Iron Man"-Kostüm dann fast wie auf Schienen durch die Lüfte düst, damit sich der Spieler darauf konzentrieren kann, fliegende Drohnen oder andere Luftikusse vom Himmel zu pusten. Oder es werden klare Aktions-Muster vorgegeben: Stahlträger wegwuchten, durch die richtigen Handbewegungen verbogene Steuerdüsen gerade biegen, Module aus ihrer Fassung reißen oder Schaltkästen zertrümmern - solche Intermezzi lockern den Baller-Betrieb des Spiels gelungen auf.

 



 

Aber sobald präzise Flugmanöver gefragt sind, wird's kritisch: Dann ist jede Menge Fingerspitzengefühl gefragt – außerdem benötigt der VR-Spieler viel Arm-Freiheit in seinem Spiele-Zimmer. Klare Sache: Für ungeduldige VR-Spieler mit überschauberer Spiele-Ecke ist die gewöhnungsbedürftige Steuerung des eisernen Anzugs nichts – man braucht Platz, Engels-Geduld und Standfestigkeit, denn idealerweise sollte man die Action-Sequenzen des Spiels im Stehen absolvieren.

Zwischen den Flug- und Baller-Sequenzen darf sich der Spieler zum Glück immer wieder ausruhen und von der stehenden in eine bequemere Sitzposition wechseln: Wenn das Spiel seine irgendwo zwischen Comic- und Filmvorlage verortete Handlung über die früheren Tage des Iron Mans erzählt, dann flaniert Tony durch seine Milliarden-teure High-Tech-Villa, bestückt seinen Anzug mit neuen (meist explosiven) Spielzeugen, flirtet beziehungsweise zankt mit Pepper Potts oder sinniert über Zukunft und Vergangenheit des Iron Man.

Um dabei zum Beispiel von den ausladenden Gärten und Entspannungs-Ecken des Anwesens auf seine diversen Galerien oder in die Werkstatt zu gelangen, "beamt" sich Tony von einem Standort zu nächsten. Dort darf er sich dann beliebig um die eigene Achse drehen, um seine Umgebung in Augenschein zu nehmen und durch Handbewegungen mit ihr zu interagieren - wahlweise flüssig oder in zum Beispiel 45- beziehungsweise 90-Grad-Winkeln. Je nachdem, wie es dem Gleichgewichtssinn des Spielers am meisten behagt. Eine Möglichkeit, um die Spiel-Gebiete nach Art eines Ego-Shooters selbständig zu erkunden, bietet "Iron Man" leider ebenso wenig wie Dual-Shock-Support.

Ebenfalls schade: Nicht nur beim Übergang von einem Kapitel ins nächste, sondern auch bei vielen simplen Ortswechseln traktiert "Iron Man" den Spieler mit langen bis kürzeren, aber in jedem Fall deutlich spürbaren Ladepausen, die den Spielfluss immer wieder empfindlich stören – und das, obwohl "Iron Man" nicht zu den besonders aufwendig inszenierten Spielen für Sonys Headset zählt. Für ein VR-Spiel – bei dem der Faktor "Immersion" besonders großgeschrieben wird – ist das ein echter Stimmungskiller. Zusammen mit der wenig handlichen Motion-Control-Steuerung ergibt sich ein Gesamteindruck, dem in erster Linie solche Spieler erliegen, die sehre viel (VR-)Geduld mitbringen. Oder schon immer mal am eigenen Leib erfahren wollten, wie es sich anfühlt, Iron Man zu sein - und zwar mit allem Drum und Dran. Wer aber in erster Linie ein immersiv-intuitives und handliches VR-Erlebnis für zwischendurch sucht, der ist hier auf dem falschen Landeplatz.

 

Note: 6.5 (BEFRIEDIGEND)

 

 


WERTUNGEN: 1.0, 1.5, 2.0 = ungenügend • 2.5, 3.0, 3.5 = mangelhaft • 4.0, 4.5, 5.0 = ausreichend • 5.5, 6.0, 6.5 = befriedigend • 7.0, 7.5, 8.0 = gut • 8.5, 9.0, 9.5 = sehr gut • 10 = bahnbrechend