Prequel statt echter Nachfolger: In "Nioh 2" erzählen die Fighting-Game-Profis von Team Ninja die Vorgeschichte zu ihrem erfolgreichen Samurai-Adventure. Die ist natürlich wieder fast
unlösbar schwer - ganz im Sinne des großen Vorbilds "Dark Souls".
KRITIK • PS4 • Seit rund neun Jahren werden Profi-Gamer von der digitalen Folter-Maschine des japanischen Action-Experten From und seiner Nachahmer auf Trab gehalten: Dessen
"Dark Souls"-Reihe hat höllisch schwere Action-Trips wieder salonfähig gemacht - entsprechend viele Studios und Hersteller bemühen sich deshalb darum, die potente Profi-Mixtur aus Kampfspiel und
Adventure zu imitieren.
Zu denen, die besonders dicht dran sind – an der geschliffenen Bösartigkeit der Original-Reihe - gehört "Nioh" vom japanischen Kampfspiel-Experten Team Ninja (Koei Tecmo). Besonders der jüngst
veröffentlichte zweite Teil (eigentlich ein Prequel) kommt Froms infernalischer Steilvorlage gefährlich nahe: Statt wie im ersten Teil mit dem Euro-Samurai William Adams gegen allerlei
Schurken und dämonisches "Yokai"-Getier zu Felde zu ziehen, schwingt in "Nioh 2" ein vom Spieler selbst erschaffener, japanischer Schwertschwinger Klinge, Axt, Speer oder Tonfas. Obendrein
verfügt das Konterfei des Spielers ebenfalls über dämonische Fähigkeiten: Mit speziellen Manövern darf sich der Samurai von Satans Gnaden selber für einige Augenblicke in ein teuflisches
Zwitterwesen verwandeln, um dann umso heftiger auszuteilen - während er Arm-lose Schlangenfrauen, Dämonen mit plüschiger Zottelmähne oder riesige Skelett-Krieger tranchiert.
Außerdem wird jeder Samurai von einem tierischen Schutzgeist begleitet: Kreaturen wie blitzschneller Hai, Vogel oder Hund stürzen sich zum Beispiel dann ins Gefecht, wenn der Held vorher genug
übernatürliche Geist-Energie gesammelt hat. Letztere sammelt man am besten, indem man den Zeitpunkt für die eigenen Attacken punktgenau abpasst. Selbst im Angriff gegen auf den ersten Blick
kleine und unscheinbare Monster-Modelle ist das wichtig: Wer es im Gefecht immer und immer wieder verpasst, genug Geist-Energie zu sammeln, den ziehen die Yokai Stück für Stück in ihre eigene
Welt – und in der entpuppt sich das vermeintlich kleine Kerlchen als riesige Bestie, die dem wackeren Schwertschwinger ruckzuck die Rübe runterreißt.
Gestorben wird in "Nioh 2" aber so oder so am Fließband: Der reichlich mit Splatter-Effekten angereicherte Kampfspiel- und Action-Cocktail von Team Ninja ist stellenweise fast schon absurd schwer
- so schwer, dass selbst ein "Bloodborne" oder "Dark Souls 3" dagegen wie ein Kindergeburtstag aussehen. Die "Dark Souls"-typischen Mechanismen um Sterben und Wiederauferstehen sind dabei
natürlich wie gewohnt intakt: Wer im Kampf gegen geifernden Mini-Dämonen oder riesige Boss-Brocken fällt, der verliert dabei alle seit der letzten Charakter-Verbesserung verdienten Punkte und
sonstigen Daten-Habseligkeiten, kann sie aber wieder zurückerobern, indem er seinen Henker erneut aufsucht und besiegt. Wem das alleine zu hart wird, der darf - wie bei vielen Genre-Kollegen –
für einige Zeit Mitstreiter aus der Multiplayer-Sphäre beschwören.
Wer von selbstgewählten, digitalen Höllen-Trips vom Schlage "Dark Souls" nicht genug bekommen kann und eine echte Herausforderung sucht, der wird um "Nioh 2" kaum herumkommen. Die atmosphärische
Dichte und Agilität eines "Sekiro" kann "Nioh 2" zwar ebenso wenig kontern wie die imposanten Bosse eines "Bloodborne" oder die spielerische Raffinesse eines "Dark Souls 3" - aber es ist
zumindest verdammt dicht dran. Obendrein bietet "Nioh 2" von allen "Dark Souls"-inspirierten Spielen die bisher umfangreichsten Möglichkeiten für das Charakter-Tuning: Was die Entwickler hier an
Stellschrauben für die Optimierung der eigenen Figur oder ihres Geist-Begleiters auffahren, ist beeindruckend – aber manchmal auch ganz schön verwirrend.
Note: 8.0 (GUT)
WERTUNGEN: 1.0, 1.5, 2.0 = ungenügend • 2.5, 3.0, 3.5 = mangelhaft • 4.0, 4.5, 5.0 = ausreichend • 5.5, 6.0, 6.5 = befriedigend • 7.0, 7.5, 8.0 = gut • 8.5, 9.0, 9.5 = sehr gut • 10 = bahnbrechend