Der Mensch-Maschinen-Metzger


 

Mit der groben Cyborg-Kelle: Mit seiner "Dark Souls"-Reihe der japanische Entwickler From Software ein neues Sub-Genre des Action-Adventures losgetreten. Prämisse: Hauptsache hart! Zu den erfolgreichsten Vertretern der infernalische Sub-Gattung gehört das Mensch-Maschinen-Geschnetzel "The Surge" aus der deutschen Software-Bude 13. Das geht jetzt mit noch mehr Umfang in die zweite Runde - und dabei fliegen nicht nur Schraubern und Muttern durch die Gegend...

Besonders hartgesottene Gamer zocken entweder retro - oder sie spielen "Dark Souls". Oder eines von den vielen, vielen Spielen, die mittlerweile im Kielwasser der erfolgreichen Action-Adventure-Reihe des japanischen Entwicklers From Software segeln. Denn der hat damit vor acht Jahren einen unaufhaltsamen Trend losgetreten, der sich sogar bei From selber nicht mehr nur auf den Namensgeber beschränkt. Wichtigstes Merkmal dieser Sub-Gattung des Adventure- oder Rollenspiel-Genres: So hart wie möglich. Erst wenn sich der Spieler regelmäßig weinend und Daumen-nuckelnd am Boden zusammenrollt, haben die Folterknechte aus dem Entwickler-Studio ihren Job richtig gemacht.

Mit dem Frankfurter Spiele-Entwickler Deck13 findet sich auch in Deutschland ein zuverlässiger Lieferant für hochwertige Folter-Werkzeuge Marke "Dark Souls": Nach dem Überraschungserfolg "Lords of the Fallen" von 2014 legte das Studio 2017 mit "The Surge" nach - und verlegte das sonst in einem gotischen Fantasy-Szenario angesiedelte "Souls"-Genre erstmals in die Science-Fiction. Hier wurde ein Rollstuhl-fahrender Held in einen High-Tech-Anzug verpflanzt: Der stellte zwar seine Gehfähigkeit wieder her, dafür musste er sich durch einen Schrottplatz voller streitlustiger Cyber-Zombies kämpfen.

 

Für den Nachfolger erweitert Entwickler Deck13 das Szenario: Statt eines kleinen Industrie-Parks wurde hier gleich eine ganze Großstadt von einer hartnäckigen Cyber-Seuche befallen, die (mehr oder weniger) friedliebende Bürger in aggressive Mensch-Maschinen-Metzger verwandelt - Monstrositäten aus Fleisch, Haut, Nieten und stählernen Mordinstrumenten. Für den Spieler bedeutet das vor allem mehr Bewegungsfreiheit, denn unter anderem darf er jetzt ausladende Outdoor-Gebiete nach Gegnern und Beute durchstreifen - darunter sogar eine Art Park, dessen satte Grünflächen auf angenehme Weise mit dem sonst dominanten Stahl- und Beton-Grau des Spiels kontrastieren.

 



 

Schade: Statt eines vom Spiel vorgegebenen Alter Egos mit interessanter Vorgeschichte konfrontiert "The Surge 2" den Gamer mit einem Charakter-Editor und fordert ihn so dazu auf, sein eigenes Antlitz zu gestalten: Das lässt sich zwar auf vielschichtige Weise modifizieren, bleibt aber dafür bis zum Ende des Spiels blass und stumm.

Auch die Bemühungen der Entwickler, ihr Cyber-Geschnetzeltes jetzt mit einer interessanten Geschichte und starken Charakteren zu servieren, ist leider nur bedingt gelungen: Das Storytelling von "The Surge 2" wirkt über weite Strecken zu krampfhaft bemüht, um wirklich faszinieren zu können. Im Vergleich zum Vorgänger ist das fast schon ein Rückschritt: Der hat sich eine komplexere Geschichte gleich ganz gespart, dadurch aber wenigstens konsequent und auf angenehme Weise entschlackt gewirkt.

Zum Glück punktet Deck13 wieder bei der Kern-Disziplin seines Spiels und macht das ohnehin schon starke Kampfsystem des ersten Teils noch mal besser: Ab sofort darf der Cyber-Haudrauf gezielt einzelne Körperzonen anvisieren und sieht der Spieler anhand eines geschickt aufgeschlüsselten Farbcodes, wie das betreffende Segment geschützt ist. Auf diese Weise gewinnen die wunderbar martialisch und wuchtig inszenierten Gefechte eine taktische Komponente, werden aber zugleich spürbar anspruchsvoller als in Teil 1. So kann der Held heran sausende Nahkampfwaffen ab sofort nur noch abwehren , indem er genau im richtigen Augenblick in die entsprechende Richtung kontert - ein Vorgang, der viel Übung und Nerven erfordert. Glücklicherweise bringt das zweite "Surge" eine ganze Fülle an neuen Möglichkeiten mit, u den eigenen Kampfanzug mit Upgrades oder Waffen aufzumotzen, außerdem wird der Spieler jetzt von ferngesteuerten Drohnen begleitet: Die schwebenden Droiden beharken riesige Boss-Roboter oder Zwischen-Gegner mit Patronen, Strahlen und Marschflugkörpern - ein großer Spaß, der das Spiel nicht unbedingt einfacher, aber auf alle Fälle vielschichtiger macht.

 

Note: 7.5 (GUT)

 

 


WERTUNGEN: 1.0, 1.5, 2.0 = ungenügend • 2.5, 3.0, 3.5 = mangelhaft • 4.0, 4.5, 5.0 = ausreichend • 5.5, 6.0, 6.5 = befriedigend • 7.0, 7.5, 8.0 = gut • 8.5, 9.0, 9.5 = sehr gut • 10 = bahnbrechend