PS4/PSVR • Xbox One • Die Erdanziehungskraft überwinden. Nur Fliegen ist schöner. Und über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein. Fliegen wird seit jeher romantisiert, nur
Flugsimulationen spielen will komischerweise kaum jemand. Ob Action-geladen und mit Arcade-Schlagseite oder Simulations-lastig und fummelig: Flug- sowie Baller-Manöver am Firmament gelten als
kompliziert und vergleichsweise unspannend. Immerhin spielt sich selbst inmitten eines Luftkampfes am Himmel nicht viel ab - dafür sind die Flugzeuge oft zu schnell am eigenen Jet
vorbeigerauscht. Und interessante Grafik-Details gibt es allenfalls am Boden, aber der ist meist weit entfernt. Entsprechend wenige Serien widmen sich der umwölkten Materie.
Zu den halbwegs regelmäßigen Vertretern der luftigen Action-Gattung gehört Bandai Namcos "Ace Combat"-Reihe, die zum ersten Mal 1995 auf der Ur-PlayStation gestartet ist. Und selbst die bringt es
nur noch alle paar Jahre auf eine Fortsetzung. Ein Umstand, der sich auch bei der neuen Episode "Unknown Skies" vor allem bei der spartanischen Präsentation des abgehobenen Abenteuers bemerkbar
macht: Wie bei den Vorgänger-Spielen verlässt sich Teil 7 vor allem auf Menüs, Standbilder, Missionen-Besprechungen oder Funksprüche, um seine Story zu vermitteln. Und die sind nicht mal um das
stumme Alter Ego des Spielers herum gestrickt, stattdessen beleuchten die vereinzelten Filmschnipsel verschiedene Kriegsschicksale. Dabei springt die Erzählung leider so häufig zwischen den
verschiedenen Figuren hin und her, dass man zu keiner eine persönliche Bindung aufbauen kann. Zusätzlich widersprechen einige Story-Details dem Ablauf der gespielten Luftschlachten – ärgerlich.
Auch das Szenario selber ist gewöhnungsbedürftig: Anstatt wie beim direkten Vorgänger "Infinity" bekannte Machtblöcke à la USA, Europa oder Asien zu verwenden, beziehen sich die Entwickler auf
dieselben fiktiven Nationen wie bereits in Teil 4 bis 6 – vielleicht, weil man ein martialisches Luft-Bombardement im Angesicht der aktuellen politischen Spannungen als geschmacklos
empfunden hätte. Umso eigenartiger mutet es da an, dass die meisten Flugzeug-Typen sehr wohl der Realität entsprechen und man in der Regel in Kampf-Jets US-amerikanischer, europäischer oder
russischer Bauart über den Himmel prescht. Ganz und gar der Designer-Fantasie entstammen dagegen gigantische Boss-Vehikel, die man Trefferzone für Trefferzone mit Lenkraketen zu Schrott
ballert.
Das Resultat ist ein mitunter skurriles Genre-Potpourri, das manchmal wie eine Militär-Simulation, aber dann wieder wie das eigentümliche SciFi-Universum aus einem Anime-Film wirkt.
Im Cockpit indes gibt sich "Ace Combat 7" gewohnt bodenständig und für eine Luftkampf-Simulation angenehm zugänglich: Einsteiger können die Schlachten am Firmament so einstellen, dass es nur
weniger Knopfdrücke bedarf, um ein Feuerwerk aus Effekten und brennenden Flugzeugwracks zu zünden. Komplexe Aktionen wie Landung oder Start werden dem Spieler dabei entweder gleich ganz erspart
oder fast vollständig automatisiert. Obwohl "Skies Unknown" auch bei Boss-Schlachten gegen riesige SciFi-Flugzeuge oder Nachtflügen durch enge Canyons nie in gehobene Grafik-Sphären aufsteigt, so
sorgen die zahlreichen verschiedenen Missions-Gattungen doch für die nötigen Abwechslung. Ein paar Einsätze mehr hätten der Story-Kampagne zwar gut getan, doch abseits der Singleplayer-Ausflüge
halten Multiplayer-Angebote wie "Team Deathmatch" und ein luftiger "Battle Royale"-Modus dem Hobby-Kampfpiloten bei Laune. Für zusätzliche Diversität sorgen ein umfangreicher Fertigkeitenbaum und
Hangar: Wer in den Missionen genug Punkte sammelt, der darf vor dem nächsten Start an dieser Stelle in neue Talente oder Flieger investieren.
Etwas konfus wird es leider hin und wieder wegen der ausschließlich englischen Sprachausgabe: Wer mitten in einem packenden Luftkampf steckt, der hat kaum Zeit, um auf die deutschen Untertitel zu
achten. Darum sind solide bis ausgezeichnete Englischkenntnisse in "Skies Unknown" erste Flieger-Pflicht.
Dennoch: Wer jahrelang darauf gewartet hat, endlich mit seiner PS4 über ein stahlblaues 3D-Firmament zu brettern und Raketen-verschießend die Schallmauer zu durchbrechen, der greift schon allein
in Ermangelung nennenswerter Alternativen zu. Ein echter Pflichtkauf ist "Skies Unknown" dagegen für Besitzer von Sonys "PlayStation"-VR-Headset: Die exklusiv an die PS4-Version des Action-Titels
getackerte "Virtual Reality"-Komponente wurde so liebevoll umgesetzt, dass sie dem Luftkampf eine vollkommen neue Dimension verleiht. Selber in der Pilotenkanzel zu sitzen und einer getroffenen
MIG durch beschlagene Scheiben dabei zuzuschauen, wie sie mit in einer dicken Rauchwolke neben dem eigenen Flieger ins Meer knallt – das ist ein Erlebnis, das nicht nur Flieger-Herzen höher
schlagen lässt. Für Besitzer eines "PlayStation-VR"-Headsets ist "Skies Unknown" deshalb fast schon ein Pflichtkauf. Vor allem dann, wenn ihnen das Erlebnis noch die Investition in den rund 90
Euro teuren und eigens für "Ace Combat 7" entwickelten Flight-Sticks wert ist. Dann ist die Illusion fast perfekt.
Note: 7.5 (GUT)
WERTUNGEN: 1.0, 1.5, 2.0 = ungenügend • 2.5, 3.0, 3.5 = mangelhaft • 4.0, 4.5, 5.0 = ausreichend • 5.5, 6.0, 6.5 = befriedigend • 7.0, 7.5, 8.0 = gut • 8.5, 9.0, 9.5 = sehr gut • 10 = bahnbrechend