Eigentlich gehören zu einer zünftigen Lichtsäbel-Schlacht laut "Star Wars"-Regelwerk mindestens zwei - denn ein Laser-Schwert-Fuchtler allein kann sich schlecht mit sich selber duellieren.
Denkste: Bei Disney kratzt man sich gerade verwundert am Kopf, denn das aktuell erfolgreichste "Light Saber"-Spiel kommt nicht vom "Star Wars"-Inhaber. Und wirft weder feindliche Sith-Lords noch
Sturmtruppen oder Monstrositäten in die Arena, die es dann fachgerecht zu zerstückeln gilt.
Während man dort noch immer darüber grübelt, wie man die Kampftechnik der Jedi in ein gelungenes Spielkonzept für VR-Headsets übersetzen könnte, ist die tschechische Indie-Schmiede Beat Games
längst tätig geworden – und das mit großem Erfolg: Deren Lichtschwert-Gefuchtel "Beat Saber" ist genau die Sorte Spiel, die das stagnierende Medium "Virtuelle Realität" dringend braucht.
2018 hat die Verbreitung der Cyber-Brillen zumindest spürbar zugenommen und "Beat Saber" dürfte daran nicht ganz unschuldig sein. Das Erfolgsrezept dahinter: Dem Spieler zwei verschiedenfarbige
Lichtschwerter in die Hand drücken und ihn dann zu stampfenden Rhythmen mit Kisten bombardieren. Markierungen auf den virtuellen Behältnissen zeigen dabei, von welcher Richtung aus und mit
welchem Schwert man sie zerteilen soll.
Das ist so simpel wie es klingt – und gerade deshalb hat die Kombination aus "Guitar Hero" und einem virtuellen "Fruit Ninja" das Zeug dazu, den Spieler in einen Rausch-artigen Zustand zu
versetzen. Und obendrein ist es das erste VR-Spiel, das sich hervorragend für Youtube eignet: Weil der Gamer ständig auf derselben Stelle verharrt, während er in der virtuellen Welt massenhaft
Boxen in Stücke schneidet, lässt sich eine Aufnahme von ihm mit dem Videotake kombinieren. So verwenden Influencer wie "LIV" zum Beispiel Greenscreens oder Tiefenkameras, um sich selber in den
virtuellen Raum zu beamen. Und danach nicht nur Boxen zu zerstören, sondern außerdem für ihr Video-Publikum effektvoll zu posieren. Die Zuschauerzahlen dabei gehen dabei oft in die Millionen und
erreichen damit eine Verbreitung, die größer ist, als die installierte Hardware-Basis aller Headset-Modelle zusammen genommen.
Ein deutliches Indiz dafür also, dass das Interesse an der Technik nach wie vor groß ist und viele Gamer nur auf das richtige Spiel warten, um ebenfalls eine Cyber-Brille zu kaufen – ein
Spiel wie "Beat Saber". Außerdem zeigt es den Entwicklern wie Herstellern, woran es im VR-Land noch immer hapert: an der nötigen Social-Media-Tauglichkeit des Mediums. Spiele wie "Fortnite" oder
"PUBG" erreichen Millionen Spieler, weil sich ihre in kurzen und ohne große "Down-Times" auskommenden Spiel-Partien perfekt für die Übertragung per Youtube, Twitch & Co. eignen. Zusätzlich
bieten sie mit ihrem schnellen und unkomplizierten Gameplay eine Dynamik, die einem jungen Publikum entgegenkommt.
Die meist auf Event-artige Erlebnisse hin konzipierten VR-Games dagegen sind meist träge und ohne VR-Brille entweder unspektakulär oder zumindest nur schwer erfassbar. Oder beides. Natürlich
müssen VR-Spiele in erster Linie dafür entwickelt werden, dem eigenen Medium gerecht zu werden und würde es herzlich wenig Sinn machen, jede Produktion zwanghaft auf Social-Media-Tauglichkeit zu
bürsten. Aber Hersteller wie Oculus oder Valve müssen verstehen, dass sie zumindest hin und wieder in die Produktion eines "Beat Saber" oder eines "Tetris Effect" investieren sollten, um ihr
Medium populärer zu machen. Immerhin Sony scheint das inzwischen verstanden zu haben: Der PlayStation-Hersteller hat eine PSVR-Version des anfänglich PC-Besitzern vorbehaltenen "Beat
Saber"-Spektakels ebenso gefördert wie die Produktion des PS4-exklusiven "Tetris Effect".
Wer bisher Zweifel daran hegte, dass "VR" Übelkeit-befreiten Spaß bereiten und die Massen ebenso außerhalb wie innerhalb der VR-Glocke faszinieren könnte, der wird von dem virtuellen
Lichtschwert-Gehacke eines Besseren belehrt. Ganz ohne Gegner oder "Star Wars"-Lizenz.