Das Debütspiel aus dem Schweizer Kleinst-Studis Okomotive schickt ein stummes Rotkäpchen auf die Reise durch die Postapokalypse. Der Weg ist das Ziel - ebenso wie die Aufgabe, das Segel-
und Dampfungetüm intakt und auf Kurs zu halten. Gegner und Gewalt gibt es hier nicht - nur Rätsel und eine Geschichte, die allein durch die Umgebung erzählt wird.
Die Fahrt durchs Nirgendwo, die an moderne Indie-Klassiker wie "Journey" oder "Limbo" erinnert, kennt dabei nur eine Richtung: Vorwärts. Im Falle der Jump'n'Run-ähnlich gestalteten Spielwelt
heißt das: von links nach rechts. Kaum hat die namenlose Heldin ihr karges Heim hinter sich gelassen, steigt sie auf ein uriges Vehikel um: Das Lokomotiven-artige, dreirädrige Monster bahnt sich
schnaufend und scheppernd seinen Weg durch die Welt nach dem Untergang. Passiert gigantische Schiffsfriedhöfe, verlassene Dörfer und die Ruinen monolithischer Bauwerke, während ätzender Regen und
Asche auf die Hülle des stählernen Ungetüms prasseln. Der einzige Knopf zur Inbetriebnahme des Kolosses befördert ihn geradeaus, andere Buttons bringen ihn zum Halten, verwandeln zu Fuß
aufgesammelte Gegenstände in Energie oder lassen den Dampf ab, damit das Vehikel zusätzlichen Schub bekommt.
Verfranzen kann man sich beim Geradeaus-Kurs nicht, Hindernisse gibt es trotzdem: Riesige Schiffsschrauben, quer in der Wüste liegende Atom-U-Boote und verlassene Grenzposten bringen die Reise so
lange zum Erliegen, bis die kleine Heldin den Weg frei gemacht hat. Komplex oder gar kompliziert sind die kurzen Knobel-Einlagen nicht, aber sie setzen im sonst von Fahren und Sammeln
gezeichneten Abenteuer die nötigen Akzente: Hier ein bisschen springen, dort ein paar weitere Knöpfchen drücken, mit dem Aufzug nach oben fahren oder mit dem Vehikel so fest gegen die Mauer
rumsen, dass sich ein paar Riegel lösen - dann kann's weitergehen. Und mit etwas Glück gibt es als Belohnung sogar ein Erweiterungsmodul für die apokalyptische Dampflok, die das Ungetüm um
zusätzliche Funktionen erweitern. Zum Beispiel wird der anfangs rein maschinelle Antrieb um ein zerschlissenes Segel bereichert und gesellen sich Reparatur-Module sowie ein Schrott-Staubsauger
hinzu.
Der Reiz von "Far: Lone Sails" liegt in seiner bestechenden Einfachheit: Das simple Regelwerk des geradlinigen Indie-Titels hält den Spieler stets beschäftigt, lenkt aber niemals von seiner
Stimmung oder den großartigen Bildern ab. Denn je länger man unterwegs ist, desto mehr drängt sich das Gefühl von Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit in den Vordergrund - untermalt von
fantastischer Musik und melancholischer Inszenierung. "Far: Lone Sails" ist ein schaurig-schönes Meisterwerk, das nicht in erster Linie gespielt, sondern vor allem erlebt werden will.
NOTE: sehr gut