In der virtuellen Klapse gefangen: "The Inpatient"


 

Das britische Studio Supermassive taucht wieder in sein firmeneigenes Grusel-Universum ab: Im interaktiven Horror-Film "Until Dawn" kämpften Teenager in einer Berghütte ums nackte Überleben - jetzt erzählt man im VR-Adventure "The Inpatient" die 60 Jahre alte Vorgeschichte. Dafür übernimmt der Spieler die Rolle eines Amnesie-Patienten, der in einem virtuellen Sanatorium erwacht - gefesselt an den Untersuchungsstuhl.

 

Markerschütternde Schreie und monströse Laute hallen über die Gänge der Psychiatrie, während der Spieler und sein Zimmernachbar Jefferson Bragg hinter verschlossenen Türen zur Untätigkeit verdammt sind. Ohne Chance auf Entkommen vegetieren beide in ihrer Zelle tagelang dahin und fallen alle paar Stunden in einen unruhigen Schlaf. Dann irrt der Spieler in den Träumen seines Alter Egos durch die von Unrat überhäuften und diffus ausgeleuchteten Korridore der Anstalt, läuft indianischen Totem-Figuren wie Hirschen oder knurrenden Wölfen hinterher oder zerrt Erinnerungsfragmente aus seiner vernebelten Vergangenheit ans Licht.

Interaktion wird bei "The Inpatient" klein geschrieben: Zwar darf man aus der Ego-Perspektive und mithilfe des Gamepads frei umherlaufen, doch der klaustrophobisch kleine Schauplatz gewährt nur wenig Bewegungsfreiheit. Auch Rätsel gibt es kaum. Vielmehr nutzt das Spiel die Untersuchung der wenigen Objekte vor allem, um die auf beklemmende Geschichte voranzubringen.

Und zumindest das bekommt Supermassives VR-Adventure erstaunlich gut hin: Indem man das spielerische Regelwerk auf ein absolutes Minimum reduziert, lässt man der Handlung und dem Gefühl der Hilflosigkeit und Isolation mehr Raum. Das Element "Virtual Reality" sorgt dafür, dass man tief in den verstörenden Gedanken-Kosmos des Helden abtauchen - und bald nicht mehr unterscheiden kann: Was ist (virtuelle) Realität und was Einbildung?

Auch die Möglichkeit, die mitunter folgenschweren Multiple-Choice-Dialoge nicht mit dem Gamepad, sondern per Spracheingabe zu führen, unterstützt die Atmosphäre erheblich. Dabei plappert man zwar nur einen von mehreren vorgegebenen Sätzen nach, um die eigene Auswahl zu bestätigen, aber die Wirkung des simplen Kniffs ist verblüffend. Schade nur, dass sich Entwickler Supermassive im Lauf der dreistündigen Erzählung einmal mehr auf einschlägige Horror-Stilmittel verlässt: Schreckhafte Spieler mit schwachem Herzen sollten Abstand nehmen.