Über zehn Jahre nach seiner Erstveröffentlichung ist "Final Fantasy 12" noch immer genauso stark wie damals: Für die PS4 hat Square Enix seinen PS2-Klassiker neu inszeniert -
überarbeitete HD-Grafiken, neue gesetzt Lichtquellen und modernes Effektgewitter inklusive.
Natürlich machen ein feiner aufgelöste 3D-Geometrie und verbesserte Texturen noch keine zeitgemäße Grafik - aber der eigentliche Star der PS4-exklusiven Neuauflage ist auch nicht die aufpolierte
Optik, sondern das für westliche "Final Fantasy"-Spiele neue "Zodiac"-Job-System. Das war bisher japanischen Fans vorbehalten und verfeinert die aus dem Original bekannte Charakter-Entwicklung
per "Lizenzsystem" und "Sphere Grid" erheblich: Dank "Zodiac"-System stehen nur für jede Figur zwei individuelle Karriere-Wege zur Verfügung, die der Held parallel entwickeln und durch die
Belegung Brettspiel-ähnlicher Felder modifizieren darf. Ansonsten ist beim Streifzug durch Ivalice allerdings alles beim Alten geblieben: Nach wie vor erkunden Held Vaan und seine Gefährten die
im Krieg zwischen zwei Köngreichen aufgeriebene Fantasy-Landschaft "Ivalice" - und Serien-typisch werden dabei Fantasy-Elemente wie Schwertkämpfe, gigantische Bestien oder Zauberei mit
Science-Fiction-Stilmitteln wie Raumschiffen oder Antigravitations-Antrieben durchmixt. Einmal in der Serien-Geschichte sind dabei die überdeutlichen "Star Wars"-Anleihen: Jede Figur und jeder
Schauplatz von Lucas' berühmten Sternensaga finden in Ivalice ihre Entsprechung - selbst Bösewicht Darth Vader ist in Form des finsteren Richter Gabranth vertreten.
Spielerisch ist "Final Fantasy 12" gerade im harten Fan-Lager bis heute umstritten, weil es japanische Design-Konventionen über Bord wirft und sich stattdessen üppig im westlichen MMORPG-Lager
bedient: Die verschiedenen Gebiete, in die Squares Designer die Spielwelt unterteilt haben, fühlen sich wie die Instanzen aus einem Online-Rollenspiel an - vor allem das Kampfsystem erinnert an
Titel wie "World of Warcraft", denn die meiste Gefechts-Vorgänge lassen sich fast vollständig automatisieren. Das Resultat ist eine Spielwelt, die sich - gemessen an anderen Serien-Teilen -
ungewohnt entspannt durchqueren lässt, dafür aber auch dramatisch anders anfühlt als es Freunde fernöstlicher Genre-Kost gewöhnt sind. Rückwirkend betrachtet war das damals teils harsch
kritisierte "FF 12" damit seiner Zeit voraus, denn heute ist der Einsatz MMO-ähnlicher Spielmechanismen in Singleplayer-Rollenspielen allgemein akzeptiert.
Wer "FF 12" aber trotz Genre-fremder Design-Einflüssen und altmodischer Technik eine Chance gibt, entdeckt unter dem betagten Gewand einen der komplexesten und am geschicktesten ausbalancierten
RPG-Trips der letzten 20 Jahre: Das Abenteuer Ivalice ist der letzte große Spross einer altehrwürdigen Serie und seinen Nachfolgern in beinahe jeder Hinsicht überlegen.