Virtuelle Dino-Zähmung: Warum "Robinson: The Journey" das VR-Spiel ist, auf das wir gewartet haben

Virtuelle Landung auf dem Dinosaurier-Planeten: Mit seinem PS4-exklusiven Urzeit-Spektakel "Robinson: The Journey" will Grafik-Experte Crytek den definitiven Kaufgrund für Sonys "PlayStation VR"-Headset liefern. Doch ist der fertige Dschungel-Trip wirklich der erhoffte System-Seller?

 


 

Auf dieses Spiel haben PlayStation-VR-Käufer gewartet: Mit ihrem Dino-Abenteuer "Robinson: The Journey" bringen die deutschen Technologie- und Grafik-Experten von Crytek endlich ganz großes Interaktiv-Kino auf das Headset-Display.

 

Hierfür lässt man Teenager Robin und seine plappernde Roboter-Drohne Higs auf einem urzeitlichen Planeten bruchlanden. Um sich im Dschungel zwischen gigantischen Reptilien zurechtzufinden, setzt der Schiffbrüchige vor allem auf einen Energie-Stab: Der lässt mit Hilfe eines Kraftfelds Objekte schweben, mit denen wir die zahlreichen Knobel-Einlagen der Urzeit-Kulisse knacken. Z.B. indem wir mit Hilfe von sorgfältig ausgelegten Wrackteilen einen dampfenden, blubbernden Teersumpf überqueren oder die Überreste einer schrottreifen Higs-Einheit bergen.

 

Außerdem scannen wir mit Hilfe des High-Tech-Instruments die Bewohner der vorzeitlichen Welt und übertragen sie anschließend als schicke 3D-Spielzeuge ins virtuelle "Infotarium". Je nachdem wie oft und gründlich kleines bis großes Getier gescannt wurde, darf es in dieser digitalen Bibliothek entweder als statisches oder lebensecht animiertes Mini-Modell begutachtet werden. Ob Kröte, Libelle, Schlickwurm, Schlange auf vier Beinen oder lauthals brüllender, zähnefletschender T-Rex: Das Infotarium ist ein Ort, an dem man sich gerne aufhält – in aller Ruhe betrachtet, studiert und mit andächtigem Staunen die Vorzüge des neuen Darstellungsmediums genießt. Gleichzeitig offenbart es, warum Cryteks "PlayStation VR"-exklusiver Urzeit-Trip so eine geschickte Wahl für die frühen Tage der VR-Plattform darstellt: Weder überfordert uns "Robinson" mit blitzartiger Action noch stellt es unseren Herzmuskel oder unsere Unterwäsche auf eine Zerreißprobe, indem es uns auf die Speisekarte übergroßer, schnappmäuliger Vorzeit-Bestien stellt. Stattdessen geht es hier ums friedvolle Stöbern, Forschen und Grübeln – damit wir uns nicht von der neuen Darstellungsform überfahren, sondern vielmehr von ihr verwöhnt fühlen.

 



 

Ebenfalls mit von der Partie: Ein niedliches Dino-Jungtier, das uns mit allerlei Kunststücken zur Seite steht und uns treu durch die detailverliebte Jura-Kulisse folgt. Dabei verhält sich die kleine Laika wie ein treuer Schoßhund: Sie wetzt brav bei Fuß, macht artig Sitz, apportiert Häppchen und bellt… äh… brüllt sich auf Kommando heiser. Darum lässt sich unsere schuppige Gefährtin auch großartig in die zahlreichen Puzzle-Einlagen des Spiels integrieren – zum Beispiel, wenn sie mit ihrem Gequäkse einen gigantischen Brachio-Saurier dazu bewegt, seinen massiven Dino-Hintern so zu versetzen, dass wir endlich den Sumpf überqueren können.

Ein bisschen kniffliger wird's allerdings, wenn uns Robo-Kumpel Higs mit einer Stromschaltung konfrontiert: Dann weicht die egoperspektivische Darstellung der Umgebung einer Totalen des Terrains. Die sieht wie ein Spielzeugmodell unserer Umgebung aus – mitsamt aller kleinen und großen Kreaturen, die Cryteks paradiesisches Szenario so gekonnt zum Leben erwecken. Hier verlegen wir mit Higs Hilfe Stromleitungen – zum Beispiel, um mehr Saft für unseren Antigravitations-Stab übrig zu haben und besonders schwere Objekte wuchten zu können. Schade allerdings, dass die Entwickler es versäumt haben, die nötige Vorgehensweise detailliert zu erläutern: Sich in die Funktionen der eigentümlichen 'Urwald-Schalttafeln' reinzufuchsen… das ist ziemlich mühselig.

 

Wesentlich eingängiger sind da schon Robins Kletterpartien – mitunter schweißtreibende, aber auch packende Kraxeleien, die man in ähnlicher Form bereits von Cryteks virtuellem Gipfelstürmer "The Climb" kennt. Wohin die beiden VR-Hände greifen – das wird dabei durch die Blickrichtung bestimmt. Ein überraschend intuitives System, mit dessen Hilfe wir uns schon nach kurzer Eingewöhnung in Windeseile von Vorsprung zu Vorsprung hangeln, bis wir ein Plateau erreicht haben, auf dem wir wieder stehen können. Unser Kletter-Fazit: Steuert sich gut und fühlt sich gut an – genau die richtige Dosis Höhenkoller inklusive.

 

Kurzum: Abgesehen vom Störfaktor 'Stromschaltungs-Puzzle' bietet "Robinson" eine rundum gelungene Mixtur aus Knobelspiel, spannenden Klettereinalgen und der Erkundung eines prachtvoll präsentierten Dino-Vergnügungsparks. Die ist zwar ein bisschen kurz geraten – doch dafür ist jede einzelne der rund fünf bis zehn Spielstunden ein unvergesseliches, pompöses Erlebnis, das bereits den Kauf der Cyber-Brille rechtfertigt. Obendrein bietet Crytek eine komfortable Lösung, um die Steuerung des Spektakels den individuellen Bedürfnissen anzupassen – damit das andächtige Staunen nicht von Kotz-Krämpfen getrübt wird. So steuern wir den Urwald-Ego-Parcours zwar ausschließlich mit dem Dual-Shock-Pad – doch die an dieser Stelle sonst typischen Schwindel- und Übelkeits-Probleme bleiben aus. Vorausgesetzt natürlich, wir investieren ein paar Momente, um die für uns geeignete Kontroll-Konfiguration auszutüfteln. Für uns hat eine Kombi aus Ego-Shooter-artigem, freien 'Strafen' sowie etappenweisem 'Umblättern' (anstelle von flüssigen Drehungen) am besten funktioniert. Denn anders als in "Here the lie" hat Crytek die Wechsel der Blickrichtung so fein abgestuft, das sie sich trotz ihrer 'Ruckartigkeit' natürlich anfühlen und eine präzise Navigation ermöglichen. (rb)

 

PS4 Pro: Wer die Wahl hat, der spielt "Robinson" auf einer Pro. Bereits auf der normalen PS4 sieht Cryteks Zeitreise großartig aus – aber auf der Pro genießen wir eine spürbar höhere Pixel- und Detaildichte, außerdem reduziert sich verspäteter Grafikaufbau bei aufwändigen Texturen oder besonders üppiger Vegetation merklich. Obendrein fallen Drehbewegungen und das Umschauen in der Urzeit-Kulisse geschmeidiger aus – als Folge reduziert sich das Übelkeits-Risiko.

 


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