Das neue Abenteuer der "Skylanders" setzt nicht mehr in erster Linie auf Action-Figuren aus dem Laden-Regal - stattdessen sind selbstgemachte Helden aus dem Spiel-eigenen "Imaginators"-Editor die Stars.
Nach riesigen Haudraufs, demontierbaren "Swap Force"-Truppen, Fallenstellern und Rennspiel-"Superchargers" sind es jetzt die "Imaginators", die der inzwischen sechsten Inkarnation von Activisions Figuren-Rasselbande den speziellen "Dreh" verpassen sollen: Allerdings kommen die knallbunten Action-Helden nicht aus einer Spielzeug-Verpackung, sondern dem Spiel-eigenen Charakter-Editor…
Und der wird im Spiel dermaßen aggressiv kommuniziert, dass der "Imaginators"-Baukasten hin und wieder an Belästigung grenzt: Wer aus verschiedenen Körperteilen, Rüstungs-Elementen und Waffen seine eigene Figur konstruieren will, der benötigt dafür nämlich jede Menge Einzelteile – und die werden entweder im Spiel selber freigeschaltet oder im Laden gekauft. Jedes der fünf bis sechs Euro teuren Tütchen enthält drei Truhen mit je drei Objekten, die zur Verschönerung des eigenen Helden beitragen. Voraussetzung für die selbstgenerierte Kampfmaschine sind die nach Elementklassen gegliederten und ebenfalls optional erhältlichen Kristallbehälter: Jedes der "magischen" Röhrchen fasst einen Imaginator – wer eine neue Figur erschaffen will, muss wohl oder übel Kristall-Nachschub kaufen, denn die Zubehöre können nicht zurückgesetzt werden.
Die Kreativität bei der heldenhaften Eigen-Fabrikation hält sich allerdings in Grenzen: So darf der Spieler zwar aus einer Vielzahl teils aberwitziger Elemente seinen individuellen Helden aus der Retorten-Taufe heben – aber wirklich gut sieht Frankensteins Monsterlein nur aus, wenn all seine Einzelteile aus einem einzigen, komplettierten Objekt-Set kommen. Wer will, der darf beim Figuren-Design ordentlich flickschustern und zum Beispiel Troll-Kopf mit Skelett-Brust, Muskelmann-Armen, Ritterbeinen und Skorpionschwanz vernähen – doch am besten sehen Skelettmann oder Troll noch immer dann aus, wenn man die füreinander bestimmten Gliedmaßen kombiniert. Die Spielmechanismen hinter der "Skylanders"-Welt indes scheren sich kaum darum, wie gefällig der neue Imaginator aussieht. Wie groß, klein, muskulös, zart, pelzig oder schuppig er ist – und wie groß sein Prügel oder grimmig der Blick: Spielrelevant sind allein seine Fähigkeiten – und ausgerechnet hier schränkt uns Entwickler "Toys for Bob" empfindlich ein. Imaginators, die zur selben Waffenklasse und zum selben Element gehören, spielen sich annähernd gleich – ganz egal, wie sie nun aussehen. Die Möglichkeiten, die eigene Figur nicht nur kosmetisch, sondern vor allem spielerisch zu individualisieren sind leider extrem überschaubar. "Skylanders"-Fans bis zu zehn Jahren werden an dem monströs-knuffigen und einfach bedienbaren Bastelkasten ihren Spaß haben – aber für halbwegs erfahrene Charakter-Konstrukteure hat das an sich interessante Spiel-Feature wenig zu bieten.
Auch Sammler-Naturen, die "Skylanders" vor allem deshalb lieben, weil sie die Kombination aus Spiel und Spielzeug schätzen, können damit nur wenig anfangen. Die halten sich lieber an die 31
"Sensei"-Charaktere, die ebenfalls zum Spielkonzept gehören: Kampfkunst-Lehrmeister wie Kriegs-Pinguin King-Pen, Feuerstab-Schwingerin Ember oder der tollwütige Axt-Haudrauf Chopscotch kommen
diesmal nicht in den typischen Figuren-Blistern, sondern in extra hochwertigen Kartons – eine Maßnahme, durch die Activision vermutlich eine prominentere Platzierung im Handel anstrebt, nachdem
die "Superchargers" allzu schnell in den Grabbelkisten der Ladenketten verramscht wurden. Wer ein klassischeres "Skylanders"-Spielerlebnis anstrebt, der levelt anstelle eines Imaginators lieber
seine Sensei hoch – spielerisch macht es nämlich kaum einen Unterschied, mit welcher Sorte Held man sich durch durch die knuffigen Action-Welten keilt und ballert. Doch auch Freunde des
Charakter-Editors profitieren von Sensei-Kauf: Jeder Lehrmeister verfügt über eine Spezialtechnik, die auch für die Imaginators derselben Waffenklasse verfügbar ist. Schade nur, dass nur die
wenigsten Sensei-Charaktere dem Figuren-Design vergangener Episoden das Wasser reichen können – Gestaltung und Verarbeitung der Spielzeuge zeigen deutlich, dass die Serie den Zenit ihres einst
revolutionären Konzepts überschritten hat. Kein Wunder: Bis heute haben Activisions Designer mehr als 350 Figuren entworfen – da gehen selbst dem besten Designer irgendwann die Ideen aus.
Immerhin: PS4-Besitzer freuen sich über eine spezielle "Crash Bandicoot"-Edition des Spiels, die neben der prominenten Jump'n'Run-Beutelratte auch noch ihren Erz-Rivalen Vortex mitbringt.
Obendrein gehört ein Extra-Level zum Paket, der sich überdeutlich am Spielgefühl klassischer Crash-Episoden orientiert. Beutler und verrückter Wissenschaftler sind die coolsten Figuren der
Sensei-Truppe, haben aber einen stolzen Preis: Beide sind exklusiv in dieser Sonderauflage des Titels enthalten - und die kostet aktuell um die hundert Euro.
Obwohl das neue "Skylanders" bei Figuren und Spezial-Feature spürbar schwächelt, macht das Spiel selber dieses Defizit zumindest halbwegs wieder wett: Die flüssige Liason von Action-Gefechten,
Jump'n'Run-Einlagen, Mini-Games und seichten Rätseln hat noch nie besser funktioniert – endlich hat "Toys for Bob" hier das richtige Gleichgewicht gefunden. Gerade gestandene Spieler freuen sich
darüber, dass das Balance-Barometer bei "Imaginators" wieder stärker in Richtung Arcade-Action ausschlägt. Schlagen, springen, ausweichen und dann noch mal draufhauen: Diese Gefechtskombi geht
besser von der Hand denn je, auch die zahlreichen Spezialfertigkeiten der kleinen Helden harmonieren diesmal vorbildlich mit dem Aufbau der zahlreichen Massen-Keilereien. Schade dagegen, dass man
es nicht mal im Ansatz geschafft hat, den launigen Comic-Ringelpiez mit einer sympathischen Geschichte zu versüßen: "Imaginators" sucht geradezu verzweifelt den Schulterschluss mit seinen
Trickfilm-Kameraden aus der "Skylanders Academy" (Serienstart am 28. Oktober auf Netflix), darum hat man Captain Flint als Heldenstimme kurzerhand aussortiert und an seiner Stelle die
Hauptfiguren der TV-Serie in den Vordergrund gestellt. Leider machen Spyro, Stealth-Elf, Eruptor und Jet-Vac dabei eine ziemlich steife Figur – auch Boss-Ekel Kaos und sein jüngster
Eroberungsplan sind diesmal eher nervig als unterhaltsam.
Kurzum: Das neue Abenteuer der "Skylanders" ist spielmechanisch der bisher beste Teil – nur mit dem Charme, für den die Serie sonst so berühmt ist, hat's diesmal nicht geklappt. Vielleicht sollten die kleinen Kerlchen erstmal für ein, zwei Jahre pausieren, bevor ihnen endgültig die Puste ausgeht.
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