Activisions Ego-Shooter-Goldesel ist weit durch die Zeit gereist: Nach gleich mehreren Szenarien im Zweiten Weltkrieg ging's mit "Modern Warfare" erstmal in die Konflikt-Zonen der
Gegenwart. Der Sprung ins dritte Jahrtausend tat der Serie gut: Er machte die Ballerei um rauhe Kerle, große Knarren und reichlich Kopfschüsse erst zum Verkaufs-Blockbuster. Seitdem wird's immer
größer, immer teurer – und vor allem immer moderner. Was mit dreckigen Stellungskämpfen zwischen Allierten und Nazi-Soldaten begann, das fährt heute Feuergefechte in Raumstationen,
Virtual-Reality-Hacks und tonnenschwere Kampfroboter auf.
Denn wie gehabt dreht sich das "Call of Duty"-Karussell jedes Jahr aufs Neue: Die einträglichste Kuh des Konzerns will gemolken werden, die Erträge der jährlichen "Call of Duty"-Iteration
sind wichtig fürs Geschäft. Doch der Jahres-Turnus der Vorzeige-Ballerei bringt auch Probleme mit sich: Mit jedem weiteren Teil wird das Serien-Konzept eingefahrener. Es herrscht Ideen-Stagnation
in Ballermannshausen.
Ein erneuter Zeitsprung soll's jetzt richten und den Staub vom Geschützlauf pusten: Nachdem man schon mit "Ghosts" und "Advanced Warfare" Vorstöße in die Zukunft gewagt hat, ist der Wechsel zum
Science-Fiction-Szenario jetzt endgültig vollzogen. Menschliche Truppenverbände werden immer häufiger von fröhlich vor sich hinrasselnden Roboter-Horden ersetzt. Inzwischen machen
Cyberpunk-artige Implantate den Supersoldaten von morgen stärker. Sehr viel stärker: Mitglieder der vercyberten Spezialeinheiten zertrümmern mit einem Faustschlag Roboter, laufen die Wände hoch
und legen ganz ohne VR-Brille ein taktisches Netz über ihre Optik. Neurale Links schließlich machen sogar die gute alte Folterung unnötig: Man schlüpft einfach in den Verstand des anderen und
höhlt ihn dann so richtig schön aus. Ebenfalls praktisch: Zwischen den Missionen darf der Cyber-Held verschiedene Fähigkeiten-Module in seine Hardware fummeln. Im anschließenden Gefecht reicht
dann eine schlichte Handbewegung, damit feindlichen Robis die CPU wegschmilzt, anderen Cyber-Soldaten das Exo-Skelett durchbrennt oder Geschütztürme nach Spieler-Pfeife tanzen.
Activision und Entwickler Treyarch bemühen sich also sichtlich darum, mit bisherigen Serien-Konventionen zu brechen. Schade nur, dass das Gros der Action "Call of Duty"-typisch noch immer viel zu
geradlinig angelegt ist. Darum genießt der Held die meiste Zeit über nicht genug Bewegungsfreiheit, um ordentlich mit all seinen aufregenden Fähigkeiten experimentieren zu können. Hin und wieder
öffnet sich das Terrain, trotzdem sind die künstlichen Grenzen noch immer zu eng gesteckt.
Das Spiel-Design von "Black Ops 3" ist also nicht halb so modern wie die Story um Kampfroboter, neural vernetzte Supersoldaten und virtuelle Realitäts-Displays vermuten lässt. Dass an sich wäre
noch kein Drama - würde man dabei wenigstens dieselbe Sorte Hollywood-reifes Rambazamba auffahren, die man sonst von der Serie gewöhnt ist: Doch die Geschichte um einen im Einsatz schwer
verwundeten Soldaten, der danach in einen kampfwütigen Cyber-Krieger verwandelt wird – die liefert nicht die Sorte interaktives Popcon-Kino, das man von einem "Call of Duty" oder einer
Next-Gen-Konsole erwartet. Finstere bis futuristische Szenarien wie das in Ruinen liegenden Singapur bergen viel Potential, doch das bleibt weitgehend ungenutzt. So erreicht "Black Ops 3" zu
keiner Zeit die inszenatorische Wucht eines "Advanced Warfare" oder seiner beiden direkten Vorgänger ("Black Ops" und "Black Ops 2"). Sogar beim technisch schwächeren "Ghosts" von 2013 hat man
dicker aufgetragen und spannender präsentiert. In "Black Ops 3" wird der Bildschirm zwar ständig mit Detonationen zugekleistert, doch am Ende spürt man vor lauter Bumms den Rumms nicht mehr. Die
nötigen Kontraste und audiovisuellen Atempausen fehlen.
All das macht aus "Black Ops 3" weder ein sonderlich imposantes Spektakel noch einen bemerkenswerten Ego-Shooter. Tatsächlich werden die massiven Abnutzungserscheinungen der Serie zumindest in
der Kampagne eher unterstrichen denn kompensiert. So richtig punkten kann Entwickler Treyarch dafür beim Multiplayer-Modus: Im Kampf Spieler gegen Spieler entfalten die Spezial-Fähigkeiten
endlich ihre Wirkung, außerdem sorgt die neue Bewegungsfreudigkeit der Figuren für deutlich mehr Spieldynamik. Die Gliederung in neun handliche Heldenklassen schließlich hat zur Folge, dass der
neue Mehrspieler-Modus ausnahmsweise auch Einsteigern eine Chance gibt. Wer die Serie vor allem ihrer geselligen und kompetitiven Qualitäten wegen schätzt, der wird die schwache Kampagne
verschmerzen können.
Spaßiger als die eigentliche Kampagne ist außerdem der inzwischen Serien-typische Zombie-Shootout: Wer alle Story-Missionen gelöst hat, der darf danach in denselben Levels anstelle von Robotern
oder Soldaten Untote wegpusten. Sogar eine neue Geschichte hat sich das Studio für die Schlacht gegen das torkelnde Gammelfleisch ausgedacht.
Angenehm frisch fühlt sich auch der kooperative Zombie-Modus an: Auf extra Multiplayer-Karten toben hier bis zu vier Spieler gleichzeitig durch ein im 60er-Jahre-Look gehaltenes Grusel-Szenario.
Riesige Tentakel-Monstrositäten inklusive. Gute Nachricht für Konsolenspieler ohne Next-Gen-Hardware: Die gemeinschaftliche Zombie-Jagd in den 60ern ist auch in den "Black Ops 3"-Fassungen für
Xbox 360 und PS3 enthalten. Im Gegensatz zur Singleplayer-Kampagne und deren abgewandelten Zombie-Levels: Die hat man für die alten Konsolen ersatzlos gestrichen, nur Besitzer von PS4-, Xbox-One-
oder PC-Version kommen in den Genuss dieser Inhalte.
Ansonsten bestätigt "Black Ops 3", was sich schon seit Anbruch der neuen Konsolen-Generation abzeichnet: Das einst so dominante Genre der geradllinigen Ego-Shooter-Schießbuden ist überreizt. Und
braucht dringend frische Impulse, die es hier leider nicht bekommt. Ausgesprochene Serien-Fans ziehen auch im neuen "Call of Duty" gerne blank, aber ein Pflichtkauf für Ballermänner ist es
nicht.
7.0
gut
Grafik: befriedigend
Sound: gut
Steuerung: gut
Spielspaß: gut