Mit seinem Independent-Game "Minecraft" hat Erfinder Markus Persson alias "Notch" nicht nur Millionen verdient, sondern gleich eine ganze Bewegung losgetreten: Etliche Produkte von unabhängigen Kleinst-Entwicklern setzen seitdem auf die Spiel-Mechanismen, die der Klötzchen-Kult des schwedischen Game-Designers etabliert hat. Umso verblüffender, dass jetzt ausgerechnet ein offizielles "Minecraft"-Spin-Off auf ein ganz anderes Konzept setzt: "Minecraft: Story Mode" aus dem kleinen US-Studio Telltale lässt den Spieler weder bauen noch den Klotz-Kosmos frei erforschen - es benutzt Perssons Welt lediglich als Szenario für ein erzählerisch getriebenes Abenteuer.

Mit der Geschichte von Baumhaus-Bewohner Jesse knüpft Telltale nämlich an die Tradition seiner anderen Erzähl-Adventures an: Wie in "The Walking Dead", "Wolf Among Us" oder "Game of Thrones" bietet die eng abgesteckte Spielwelt nur wenig Raum für Experimente oder Interaktion - stattdessen stehen die Dialoge zwischen den kantigen Kerlchen im Vordergrund. Held Jesse, Hausschwein Reuben und ihre beiden Kumpels wollen zusammen den Baumeister-Wettbewerb der "Ender-Con" gewinnen. Denn als Preis winkt ein persönliches Treffen mit ihrem Idol Gabriel - dem Helden aus dem eigentlichen "Minecraft".

Aus diesem Szenario macht Telltale eine ebenso humorige wie liebenswert erzälte Geschichte. Die wird wohl vor allem die jüngeren Spieler ansprechen, ältere Baumeister schmunzeln inzwischen über die zahlreichen Anspielungen auf das echte "Minecraft" und die drollig geschriebenen Dialoge. Letztere verzweigen sich nach Telltale-typischer Art: Je nachdem, welche Antwort der Spieler in den Gesprächen selektiert, fällt der weitere Verlauf des rund zweistündigen Abenteuers etwas anders aus. Wie sehr sich die Entscheidungen tatsächlich auswirken, wird sich allerdings erst in den späteren "Story Mode"-Episoden zeigen. Denn wie gehabt setzt der kleine US-Hersteller auf sein etabliertes Serien-Modell, das jetzt auch die Gechichte von Jesse & Co. häppchenweise serviert. Jede Episode kostet dabei knapp sechs Eurom - noch günstiger als der Einzelkauf ist allerdings der Staffelpass. Der kommt auf 20 Euro und schaltet außer der ersten auch alle weiteren vier Episoden frei. Wenn sie denn mal verfügbar sind.

"Minecraft"-Spieler, die mit dem kindgerechten Charme des Abenteuers einverstanden sind, die finden hier eine wahre Fundgrube an clever zitierten Gags - selbst der visuelle Stil der Vorlage wurde perfekt eingefangen. Hind und wieder stehen sogar ein paar knackige Action-Sequenzen (schnelles Knöpfchedrücken gefragt) auf dem Programm. Und was wäre schlussendlich ein "Minecraft" so ganz ohne Crafting-Einlage? Trotzdem: Ein kreatives Universum wie im Hauptspiel darf man nicht erwarten.