Multiplayer-Jagd auf das Monster: Turtle Rock und 2K bescheren eine bestialisch geniale Komibination aus verschiedenartigen Mehrspieler-Mechanismen, bei denen vier Spieler Jagd auf einen
fünften machen. Die Mixtur geht aber nur auf, wo absolute Vollprofis an den Controllern sitzen.
PS4 (getestet), Xbox One ,PC
von Turtle Rock und 2K
zwei bis fünf Spieler
für Profis
im Handel
ca. 60 Euro
Bei allen Matches muss ein Mitglied jeder Charakterklasse zugegen sein… also ein Experte für Angriff, Heilung, Support und Fallen. Besonders letzterer nimmt eine Schlüssel-Position ein.
Die Alien-Welt Shear ist alles andere als das perfekte Urlaubsparadies: Das von schroffen Felsen zerklüftete Gelände ist kompliziert, die Unwetter brutal und die monströsen Bewohner der vor Feuchtigkeit dampfenden Dschungellandschaft alles andere als schön. Oder gastfreundlich. Besonders ungemütlich ist 'Goliath': Der muskulöse Bursche sieht aus wie eine Mischung aus Godzilla und King Kong, fletscht mehr messerscharfe Zähne als der Monster-Knigge empfiehlt und hat außerdem eine Mordswut im Bauch. Die lässt er vorzugsweise an den menschlichen Siedlern aus, die daraufhin in Scharen aus den Kolonien flüchten – vorausgesetzt, sie werden nicht vorher gefressen. Kurzum: James Camerons Pandora ist verglichen mit Shear ein Freizeitpark für Kleinkinder.
Nur gut, dass ein hartgesottener Haufen aus Weltraum-Söldnern zur Stelle ist, um den Rückzug der braven Leutchen zu sichern und der Kreatur Fell respektive Schuppenhaut über die Lausch-Löcher zu ziehen.
Diese Ausgangssituation nutzt Mehrspieler-Experte Turtle Rock ("Left 4 Dead 2", dt. Version) für einen der innovativsten, aber auch kompliziertesten Multiplayer-Titel überhaupt: Während vier Spieler in die Rolle des Jäger-Quartetts schlüpfen, übernimmt der fünfte den tobenden Hassbrocken Goliath – oder einen seiner beiden anderen Monster-Kollegen, die Publisher 2K bei Veröffentlichung des Titels mitliefert. Wer mit etwas anderem auf den Putz hauen will als Goliath, einem fliegenden Riesen-Oktopus oder einem mit Sichel-armen um sich prügelnden Teleporter-Geist, der muss sich allerdings noch etwas gedulden: Bereits im Vorfeld der Veröffentlichung von "Evolve" hat 2K bei vielen Gamern für Verärgerung gesorgt, weil die Kreaturen als kostenpflichte DLCs nachgereicht werden – und zwar für satte 15 Euro pro Bestien-Nase. Das Gleiche auf Heldenseite: Aktuell finden sich in jeder von insg. vier Charakterklassen zwei Figuren – die übrigen Kollegen wollen erst im Laufe des Spiels freigeschaltet bzw. später hinzugekauft werden.
Doch abseits der Debatten um die vermeintlich unfaire Preisgestaltung der kommenden DLC-Charaktere ist "Evolve" eines der ehrgeizigsten und ungewöhnlichsten Multiplayer-Projekte der letzten Jahre – ein Anspruch, der Chancen, aber auch Risiken birgt: Indem die Fähigkeiten der Monsteräger nahezu perfekt aufeinander abgestimmt wurden, ist "Evolve" vor allem beim Kampf gegen einen cleveren Monster-Spieler ein Mehrspieler-Erlebnis, wie man es nicht alle ahre serviert bekommt. Fordernd. Spannend. Brutal. Allerdings hat die Festlegung der Jäger-Mannschaft auf je einen Kämper, einen Heiler, einen Support-Experten und einen Jäger (der das Monster buchstäblich an die Leine legt und seinen Bewegungsspielraum eingrenzt) auch ihren Preis: Vor dem Multiplayer-Match darf der Spieler zwar seine Wunschrolle festlegen – doch diesem Wunsch wird höchstens in der Hälfte der Fälle entsprochen. Das Ergebnis ist ein Team aus hochspezialisierten Experten, in dem viele dieser "Experten" am Ende gar nicht so recht wissen, wie sie ihre Figur überhaupt spielen und ihre Spezialferteigkeiten einsetzen müssen. Und die zu lange planlos nach der flüchtenden Kreatur suchen, während sich die in aller Ruhe einen dicken Ranzen anfrisst (die Panzerung verbessert sich) und rasant all ihre Evolutionsstufen durchläuft. Bis sie am Ende schier unbesiegbar ist.
Vordergründig spielt sich das riesige Monster am einfachsten – doch tatsächlich ist der Koloss schwächer als man denkt. Nur wirklich gute Monster-Spieler halten die Jäger auf Trab.
Abhilfe schafft allerdings exzessives Training im Solo- bzw. Kampagnen-Modus: Hier darf der Spieler noch während des Matches nahtlos zwischen den unterschiedlichen Figuren hin und her-springen, um all ihre Besonderheiten kennenzulernen – außerdem wartet die fünf Missionen umspannende Mini-Kampagne mit ein paar neckischen Extras auf. So wirkt sich die Performance in der einen Mission unmittelbar auf die Entwicklung der nachfolgenden aus: Haben es die Jäger z.B. nicht geschafft, in einem Staudamm alle Monstereier von der Platte zu putzen, dann waten sie im Einsatz danach durch ein Terrain, das vom explodierten Damm geflutet wurde und in dem sich die schwimmfähige, Aal-ähnliche Brut der Kreatur ausgebreitet hat wie eine Seuche.
Am Ende ist "Evolve" ein Mehrspieler-Spektakel, das sich vor allem an Genre-Profis richtet: Multiplayer-Neulinge bleiben draußen – oder lassen sich zumindest von einem toleranten Experten-Team an die Hand nehmen, sonst werden sie von der schieren Detail- und Feature-Flut des Titels überrollt. Die größten Stärken des Titels sind zugleich seine Achilles-Fersen – denn die Mixtur aus Koop- und Spieler-gegen-Spieler-Schlacht kann ihre monströse Potenz nur dann ganz ausspielen, wenn auf beiden Seiten der Monsterjagd echte Vollblut-Gamer sitzen.
(Robert Bannert für elektrospieler und Teleschau)
8.5
sehr gut
Grafik: gut
Sound: sehr gut
Steuerung: gut
Spielspaß: sehr gut
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