Kritik: Entwined


 

Zu den früheren Highlights von Sonys diesjähriger E3-Pressekonferenz zählte der Independent-Titel "Entwined". Überraschung: Anders als die meisten Spiele aus dem Messe-Programm erscheint das esoterisch anmutende Ausweichspielchen nicht irgendwann, in ferner Zukunft – sondern ist sofort verfügbar!

Ein Grund zur Freude ist das trotzdem kaum, denn das kleine Arcade-Spielchen von 'Pixelopus' will zwar offenkundig an abstrakte Action-Größen wie "Rez" oder "Child of Light" anknüpfen, doch an die atmosphärische Dichte dieser Meisterwerke reicht "Entwined" nicht heran. Auch die aus den genannten Klassikern bekannte Kombination aus getragener Ethno-Mucke und sich im passenden Rhythmus abspielender Aktion bekommt Entwickler Pixelopus nicht hin.

 

Dafür verzichtet der Indie-Titel allerdings auch ganz und gar auf jegliches Baller-Element: Zwei verschiedenfarbige Origami-Vögel schweben durch finstere bis psychedelisch ausgekleidete Geschicklichkeits-Korridore und huschen dabei durch allerlei Ringe: In denen haben die Entwickler farbige Plättchen aufgehängt – und die sollen vom Faltpapier-Piepmatz in der passenden Farbe durchflogen werden. Der Gag dabei: Der orangefarbene Flattermann darf nur über die linke Bildschirmhälfte fliegen und wird ausschließlich vom linken Analog-Stick des Controllers gesteuert – rechts dagegen sind der andere Stick bzw. das blaue Vögelchen am Drücker.

Mit jedem weiteren verstreichenden Level (Pixelopus bezeichnet die Spielabschnitte als 'Leben') werden die Ring-Herausforderungen härter: Mal geraten die bunten Plättchen in Bewegung, mal begegnen sie dem Spieler in komplex hintereinander aufgezogenen Formationen, ein anderes Mal verändern sie ihre Ausdehnung.

 

Obwohl es in "Entwined" keinen Bildschirmtod gibt, so hat das Spiel doch eine Energieanzeige: Jedesmal wenn die beiden verliebten Turteltäubchen ein Flugmanöver synchron hinbekommen, dann steigen ihre jeweiligen Balken – bis sie sich schließlich in der Mitte des Bildschirms berühren – was im esoterischen Kontext des Spiels wohl für den kurzzeitigen, absoluten Einklang von zwei sich verzweifelt suchenden Seelen stehen soll. Oder so.

Haben die Origami-Dater das geschafft, dann geht's in einen besonderen 'Rendezvous'-Level: Der ist fast jedesmal von realen Romantik-Schauplätzen inspiriert – und abstrahiert auf seine ganz eigene Weise z.B. ein Riesenrad auf dem Markplatz oder Nordlichter samt Eisbergen. Weil die beiden Seelen diesen Level in Gestalt eines einzigen 'Drachen' durchfliegen, will dieses neue Alter Ego – für die volle Kontrolle – idealerweise mit beiden Sticks gleichzeitig manövriert werden… abermals möglichst synchron. Nach einem kurzen Date und fleißiger Bonbon-Sammelei werden die beiden schließlich wieder auseinandergerissen – es geht ins 'nächste Leben'.

 

Leider taugt das reichlich eintönige "Entwined" nicht eben dazu, seine spirituelle Botschaft zu vermitteln: Die Levels sind geradlinig und visuell eintönig bis grobschlächtig, auch der möchtegern-meditative Sound trägt auch kaum dazu bei, so was wie ein echtes 'Flow-Feeling' zu schaffen. So richtig misslungen sind schließlich die Rendezvous-Levels zwischen den 'Leben': Die mit der heißen 3D-Nadel gestrickten Arenen sind weder künstlerisch noch spielerisch interessant – stattdessen eiert man so lange planlos durch den Pixel-Äther, bis man alle Extras gefunden hat und endlich wieder weiter darf. Klarer Fall: Dramaturgische Höhepunkte sehen anders aus.

Was bleibt, das ist ein halbwegs funktioneller Geschicklichkeitstest mit zwei Analog-Sticks – und die vage Ahnung, das diese Idee deutlich mehr hergibt.

 

(5.0 von 10 / "ausreichend")

 


Pixelopus / Sony • ab sofort für PS3, PS4, PS Vita • ca. acht Euro • für Fortgeschrittene und Profis


WERTUNGEN: 1.0, 1.5, 2.0 = ungenügend • 2.5, 3.0, 3.5 = mangelhaft • 4.0, 4.5, 5.0 = ausreichend • 5.5, 6.0, 6.5 = befriedigend • 7.0, 7.5, 8.0 = gut • 8.5, 9.0, 9.5 = sehr gut

10 = legendär