Kritik: Murdered – Soul Suspect


 

In den 80ern erlebten Spukgestalten im Kino eine humoristische Renaissance: Die schlacksigen "Ghostbusters" traten eine regelrechte Welle aus liebenswürdigen bis schusseligen Geistern los, die nicht in erster Linie das Fürchten, sondern vor allem das Lachen lehren sollten. Ende der 90er setzte dann Peter Jackson mit seinen "Frighteners" dem Sub-Genre des Spukfilms ein spätes, aber auch überraschend finsteres Denkmal. "Murdered: Soul Suspect" von US-Enwickler Airtight Games ("Quantum Conundrum") will offenbar Erinnerungen an diese Zeit wecken: Wie der Kino-Spuk der zitierten Ära ist auch "Soul Suspect"-Held Ronan O'Connor von einem blauen Lichtkranz umgeben, der ihn unmissverständlich als Geist kennzeichnet – außerdem hat er fast immer eine Zigarette zwischen den bzw. einen flotten Spruch AUF den Lippen. Dabei hätte der geisterhafte Held allen Grund, trübsinnig zu sein: Gleich zu Beginn des Spiels wird er von einem Serienmörder durch ein Dachgeschossfenster geschleudert – und ein paar Stockwerke weiter unten haucht er auf dem harten Asphalt sein Leben aus. Aber der unorthodoxe Detective, der früher selber mal Krimineller war, gibt nicht auf: Er will dem geheimnisvollen 'Glöckenmörder' unbedingt auf die Schliche kommen – darum ermittelt er jetzt als Gespenst weiter.

 

Und muss dabei prompt feststellen, dass er nicht der einzige Geist im Ort ist: Das kleine Städtchen Salem wird (wie so oft in Film, Fernsehen und Spielen) von allerlei spukigen Gestalten heimgesucht – darunter aber nicht nur die geselligen bis geschwätzigen Seelen von anderen kürzlich Verblichenen, sondern auch Phantome aus der Zeit des Bürgerkriegs sowie garstige Dämonen. Letztere wollen die Geister sogar fressen – darum geht man ihnen entweder großräumig aus dem Weg… oder aber man übertölpelt sie von hinten und saugt ihnen die Seelen-Energie aus. Zack, Bumm, Dämon kaputt. Ganz schön simpel dafür, dass sie sonst so gefährlich sind.

 

 

Obwohl Ronan mit den Lebenden nur indirekt interagieren kann, macht erst sich als jenseitiger Ermittler ziemlich gut. Kein Wunder, denn direkt nachzufragen – das kann sich der Spuk-Detective sparen. Stattdessen schlüpft er in den Körper des zu Befragenden. Hier liest er z.B. dessen Gedanken oder manipuliert den besetzten Denkapparat in eine bestimmte Richtung – je nachdem, welche Hinweise er vorher entdeckt hat. Allerdings gestaltet sich die Hinweissuche manchmal etwas kompliziert: Immerhin kann der tote Cop nichts anfassen oder heben. Wenn es darum geht, die diesseitige Welt zu begrabbeln, dann ist ein kurzer Poltergeist-Spuk an Kopierern, Ventilatoren oder Haushaltsgerät ist das Höchste der Gefühle.

Sollen dagegen ein paar Unterlagen auseinander gefrickelt oder Fotos gewendet werden, dann muss Ronan wieder in den Körper eines anderen fahren – und ihn gedanklich dazu motivieren, an seiner statt Hand anzulegen. Oder aber er schlüpft kurzerhand in eine Miezekatze – denn nur so kann er auch für Geister unpassierbare Stellen wie Höllen-Pforten oder von den Bewohnern gesegnete Gebäude-Fragmente überwinden.

 

Zum Glück hat der Gespenster-Ronan ein beachtliches Gedächtnis: Obwohl er sich nichts notieren kann, werden sämtliche Hinweise in seinem Profiler-Menü gespeichert – fein säuberlich nach Untersuchungen und Nebenmissions-Fällen gegliedert. Hat er in einer Sache schließlich genug Indizien zusammen, dann kramt er in der Hinweis-Sammlung und versucht, alle vermeintlichen Beweise und Gedanken-Fragmente in die richtige Reihenfolge zu bringen. Erst nach der Lösung des aktuellen Falls darf Ronan weiterspuken und der Entlarvung senes Mörders ein Stückchen näher kommen.

 

 

Obwohl Square Enix' "Soul Suspect" dem Ermittler-Genre erfreuliche Neu-Impulse gibt, ist das Endergebnis spürbar weniger rund als z.B. das ähnliche (wenn auch weniger gespenstische) "Sherlock Holmes": Die Menü-Struktur und Löse-Logik sind unnötig verkopft, außerdem wird das an sich hübsch illustrierte Salem von zu vielen teils unmittelbar benachbarten Figur-Klonen bewohnt. Das ist umso unverständlicher, da der Ort mehr als überschaubar geraten ist: Wer eine Open-World-Ortschaft erwartet, die er frei durchspuken darf, der wird enttäuscht. Noch unschöner ist dagegen das garstige Spielstands-System: Gespeichert wird nur automatisch – und das viel zu selten. Wer z.B. seit mehreren Stunden ein und den selben Fall beackert, ohne den finalen Hinweis zu finden, der muss wohl oder übel lange aufbleiben – oder aber in Kauf nehmen, im aktuellen Szenario jeden Pixel aufs Neue abzugrasen.

Wer mit diesen Mankos leben kann, der bekommt allerdings ein Profiler-Adventure, das sich erfreulich frisch und unverbraucht anfühlt und definitiv einen zweiten Blick wert ist.

 

(7.0 von 10 / "gut")

 


Airtight Games / Square Enix • ab sofort für PC, Xbox 360, Xbox One, PS3, PS4 • ca. 60 Euro • ab 16 Jahren • für Fortgeschrittene und Profis


WERTUNGEN: 1.0, 1.5, 2.0 = ungenügend • 2.5, 3.0, 3.5 = mangelhaft • 4.0, 4.5, 5.0 = ausreichend • 5.5, 6.0, 6.5 = befriedigend • 7.0, 7.5, 8.0 = gut • 8.5, 9.0, 9.5 = sehr gut

10 = legendär