Spiele, die auf der pixeligen Retro-Welle schwimmen, gibt es zuhauf – doch so allmählich hat man sich am grobkörnigen Look der Möchtegern-Klassiker sattgesehen. Es sei denn, man fängt den Stil der guten alten Zeit so charmant ein wie "Super Time Force" – und modernisiert ihn dann auch noch gekonnt: Der kanadische Entwickler Capybara hat neben Auftragsarbeiten für Ubisoft immerhin am Mobile-Hit "Superbrothers Sword & Sworcery EP" mitgearbeitet – mit stilvoller Retro-Grafik kennt man sich also bestens aus.
Im Xbox-Zeitreise-Scharmützel sind allerdings weniger bedächtige Töne angesagt als beim bekannten iOS-Adventure: Um die Erde vor Alien-Invasionen, verrückten Erfindern, fressgierigen Dinos und schießwütigen Robotern zu retten, reisen die Mitglieder der klotzigen "Super Time Force" nicht nur in unterschiedliche Erd-Epochen – obendrein können sie auch in den horizontal scrollenden Shooter-Welten die Uhr zurückdrehen. Wann immer der aktive Ballermann im Pixelhagel verglüht, kann man einige Sekunden in der Zeit zurückreisen und dann einen beliebigen Wiedereinstiegspunkt bestimmen. Der Gag dabei: Beim Neuanfang darf man mit jedem beliebigen Team-Mitglied der "Super Time Force" loslegen – man ist nicht also auf den gerade verblichenen Kollegen festgetackert.
Ebenfalls nützlich: Von dem toten Charakter existiert auf der neuen Zeitlinie noch immer ein Schatten, der alle Aktionen des Originals ausführt – bis zu dessen Ableben eben. Auf diese Weise lassen sich mehrere Charaktere gleichzeitig in die selbe Problem-Situation navigieren – z.B. damit man von allen Spezialkräften und Extra-Wummen der schießwütigen Spezialisten profitieren kann. Der eine kann seinen Schuss auffächern, der nächste ballert um die Ecke, wieder ein anderer navigiert eine Rakete ins Ziel oder schwingt einen mächtigen Schutzschild: Je mehr Spezialisten man im Verlaufe der aberwitzigen Missionen befreit, desto größer wird das Angriffs-Repertoire.
Leider ist der an sich launige Zeitdreher nicht nur das primäre Feature von "Super Time Force", sondern zugleich seine größte Schwachstelle: Die meiste Zeit über möchte man die fantastisch inszenierten Pixel-Szenarien sowie ihre wunderbar geschmeidig animierten, nicht selten übergroßen Bewohner genießen und sich ganz aufs Ballern konzentrieren – doch weil das Level-Design den übereifrigen Einsatz des Zeit-Zurückspulers erfordert, wird da nix draus. Wer sich auf diese Art durch zwei Welten geballert hat, den wird der Dauer-Dreher nicht nur allmählich anöden, sondern vermutlich auch ganz schön nerven, weil er viele an sich simple Abschnitt unnötig verkompliziert.
Trotzdem: Wer mit dem eigenwilligen Feature leben kann, der wird sich um der wunderschönen Pixel-Optik Willen vielleicht trotzdem durch die bockharte Ballerei quälen – und sich dabei über die angenehm humorige Geschichte freuen, die außerdem für ein paar aberwitzige Überraschungen gut ist.
(6.5 von 10 / "befriedigend")
Capybara • ab sofort für Xbox 360 und Xbox One • ca. zwölf Euro • für Profis
WERTUNGEN: 1.0, 1.5, 2.0 = ungenügend • 2.5, 3.0, 3.5 = mangelhaft • 4.0, 4.5, 5.0 = ausreichend • 5.5, 6.0, 6.5 = befriedigend • 7.0, 7.5, 8.0 = gut • 8.5, 9.0, 9.5 = sehr gut •
10 = legendär